Reifungsprozess im Fleisch
Umgehend nach der Schlachtung setzen durch den Sauerstoffmangel spezifische Prozesse ein. Im Fleisch vorhandenes Glykogen wird zu Milchsäure umgewandelt. Dieses sorgt für eine Muskelkontraktion und lässt das Fleisch hart und zäh werden. Dieses Phänomen ist uns auch als Totenstarre bekannt. Beim Huhn setzt dieser Prozess nach etwa 3 Stunden, beim Schwein nach 14 Stunden und beim Rind nach 18 Stunden ein. Die enzymatische Fleischreifung, die für ein weiches Fleisch sorgt, startet erst mit einer gewissen Verzögerung, die je nach Tierart und Fleischstück zwischen einem und acht Tagen dauert. Während dieser enzymatischen Reifung spalten nun Milchsäurebakterien die im Fleisch enthaltenen Fette und Proteine. Muskelfasern verändern ihre Struktur und vorerst verhärtete Muskelfibrille werden aufgebrochen - das Fleisch wird wieder zart.
Oft finden auch pflanzliche Proteasen, Enzyme zur Verarbeitung diverser Eiweiße im Fleisch, wie Papain, ein in der Papaya enthaltenes Enzym, Verwendung. Während Schwein und Geflügel schon nach drei Tagen weich ist, kann ein gutes Stück Rind bis zu acht Wochen abhängen, um ein besonders intensives Aroma zu entwickeln. im Gegensatz zum Rind, erhöht eine längere Reife beim Schwein und Geflügel nicht die Qualität des Fleisches, kann aber mitunter zur Kontaminierung mit gefährlichen Keimen wie Salmonellen führen.
Arten der Fleischreifung - Dry Aged oder Nassreifung
Ursprünglich wandte man die Art der Trockenreifung an. Hierbei wurde das Tier direkt nach der Schlachtung in Hälften oder Viertel zerlegt und an einem Haken an der Luft abgehangen. Gewisse Faktoren wie die Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit waren wichtig für ein gutes Endprodukt. Die Temperatur wird knapp über dem Gefrierpunkt gehalten. Da sich schon kleine Änderungen gravierend auf die Qualität des Fleisches auswirken können, muss das Fleisch während des Reifeprozesses stets überwacht werden. Vorteilhaft bei dieser Art von Trocknung ist die gute Fähigkeit zur Wasserbindung des fertigen Fleisches. Bei der Zubereitung in der Pfanne verliert trocken gereiftes Fleisch kein Wasser. Auch der Geschmack fällt intensiver und nussiger aus, was sich deutlich am Preis zeigt.
Dem gegenüber steht die Methode der Nassreifung, welche vor rund 50 Jahren ihr Debüt feierte. Das Fleisch reift hierbei in einem Vakuumbeutel. Für die Reife sind hier hauptsächlich Milchsäurebakterien verantwortlich, weswegen der Geschmack als leicht säuerlich umschrieben wird. Während der Reife entweicht dem Fleisch kein Wasser, weswegen das Fleisch nach der Reifung exakt das selbe Gewicht hat wie zur Schlachtung. Wegen des schlechten Wasserbindevermögens, verliert das Fleisch während der Zubereitung deutlich an Wasser. Hierzulande ist die Nassreifung das am häufigsten angewandte Reifeverfahren. Preislich liegt es deutlich unter dem Preis trocken gereiften Fleisches. Der Geschmack fällt wegen des hohen Wassergehaltes auch weniger aromatisch aus.
Richtige Reifedauer
Wie lange das Fleisch nach der Schlachtung abhängen muss, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Entscheidend für die Dauer der Reife sind das Alter, die Tierart, Tierrasse, das Fleischstück und letztlich der gewünschte Geschmack. Für die Trockenreifung gelten folgende Richtwerte:
- Rindfleisch: Ein gutes Rindfleisch benötigt an die vier Wochen. Mindestens sollte man dem Stück jedoch zwei Wochen Reifezeit gewähren. Leider geht eine geringe Reifedauer auf Kosten der Qualität des Fleisches. Üblich ist eine Reifedauer von vier bis acht Wochen. In Extremfällen kann das Fleisch auch bis zu einem halben Jahr abhängen, ohne schlecht zu werden.
- Schwein: Schwein hängt in der Regel eine Woche ab, ehe es zubereitet wird. Eine längere Reife ist möglich, verbessert aber kaum die Qualität des Fleisches.
- Geflügel: Geflügel darf bis zu eine Woche reifen. Durch die Gefahr einer Kontamination mit Salmonellen sollte man diese Dauer nicht überschreiten.